Fanconi –Syndrom bei einem Shetland Sheepdog
Im Februar kam ein 6 jähriger Shetland Sheepdog (Sheltie) Rüde zu uns in die Praxis. Die Besitzer haben beobachtet, dass der Hund seit ca. 3 Monaten vermehrt trinkt und uriniert. Daraufhin wurden das Blut und der Urin untersucht, im Urin war die Glucose (Zucker) massiv erhöht, im Blut jedoch war die Glucose im normalen Bereich. Bei einem gesunden Hund befindet sich keine Glucose im Urin. Das spezifische Gewicht des Urins war erniedrigt, was uns zeigte, dass der Urin in der Niere nicht konzentriert werden konnte. Glucose ist osmotisch aktiv und zieht Wasser mit sich, was sich dadurch äußert, dass der Hund viel mehr urinieren und sekundär dazu auch mehr trinken muss.
Weiter Abklärungen: Das Fructosamin, welches man misst um den Glucosewert im Blut in den letzten 2 Wochen zu bestimmen, war auch im Normalbereich. Damit konnte also eine Erkrankung an Diabetes Mellitus ausgeschlossen werden. Abgesehen von einem erniedrigten Kaliumwert waren auch das Blutbild und das Labor der Organe unauffällig. Auch der Urin wurde genau untersucht und wies, abgesehen von dem erhöhten Glucosegehalt und dem erniedrigten spezifischen Gewicht, keine weiteren Auffälligkeiten auf.
Wir haben zur Sicherheit Urin von 3 aufeinander folgenden Tagen untersucht. Die Glucose im Urin war immer sehr hoch. Man spricht von einer Glucosurie. Um einen subklinischen Blasen- oder Niereninfekt auszuschließen haben wir bei dem Hund in Narkose steril Urin direkt aus der Blase entnommen, indem wir die Blase punktiert haben. Dieser Urin wurde ins Labor geschickt, um eine Bakterienkultur anzusetzen und den Urin auf Antikörper gegen Leptospiren zu untersuchen. Beide Untersuchungen kamen negativ zurück.
Damit konnten wir bei diesem Sheltie die Diagnose des Fanconi- Syndroms stellen. Es handelt sich hierbei um eine Glucosurie aufgrund von defekten Nierentubuli, die entweder angeboren (hereditär, v.a. Basenjis), idiopathisch (Ursache unbekannt, v.a. Labrador Retriever, Shetland Sheepdog, Zwergschnauzer) oder, bei kleinen Rassen, durch den vermehrten Konsum von getrockneten Pouletfleischsnacks aus China, erworben ist. Der Trocknungsprozess des Geflügelfleisches aus China für diese Snacks führt aus bisher unbekannten Gründen dazu, dass die oberen Nierentubuli zerstört werden. Dieser Prozess kann bei der erworbenen Form in unterschiedlichem Masse reversibel sein. Man sollte jedoch sofort auf die getrockneten Snacks mit Fleisch aus China verzichten. Beim Fanconi Syndrom werden in allen drei Fällen die oberen Nierentubuli durchlässig für Glucose und andere Elektrolyte. Dies kann zu Elektrolytimbalancen im Blut führen, welche zu Stoffwechselentgleisungen und anschließendem Tod führen können. Ob es sich bei unserem Patienten um ein idiopathisches oder erworbenes Fanconi Syndrom handelt, wird sich am Verlauf der Erkrankung zeigen. Bei der erworbenen Form ist es möglich, dass sich nach Absetzten der verursachenden Nahrungsmittel die Nierentubuli sich zum Teil wieder erholen. Bei der idiopathischen und angeborenen Form nicht.